Franz Brentano wurde am 16.01.1838 in Marienberg bei Boppard am Rhein geboren. Seine Eltern, Christian und Emilie, leiteten ein dort ansässiges Mädchen-Pensionat. Noch im gleichen Jahr zog die Familie nach Aschaffenbug, in die Kleine Metzgergasse Nr. 5. Hier besuchte er auch das Lyceum. 1856 bis 1862 studierte Franz Brentano Mathematik, Dichtung, Philosophie und Theologie in München, Würzburg, Berlin, Münster und Würzburg. 1862 wurde er aufgrund seiner Arbeit Von der mannigfachen Bedeutung des Seienden nach Aristoteles (in absentia) in Tübingen promoviert. Im gleichen Jahr verbrachte er 3 Monate im Dominikanerkonvent in Graz als Novize. 1864 erfolgte dann in Würzburg die Weihe zum katholischen Priester. Er habilitierte sich 1866 in Würzburg mit der "Psychologie des Aristoteles" und wirkte dort als Privatdozent bis 1872 und a.o. Professor bis 1873 überaus erfolgreich, wie man den Quellen entnehmen kann (O. Kraus, 1919; A. Kastil, 1951; L.L. McAlister, 1966). Schüler waren hier u.a. Carl Stumpf, Anton Marty und Hermann Schell. Stumpf und Marty schickte er "behufs" Promotion zu Hermann Lotze nach Göttingen; Schell nach Freiburg. Im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen über die Frage der Infallibilität des Papstes nahm Brentano eindeutig Partei: Er verfaßte im Auftrage von Bischof Wilhelm von Kettler ein Gutachten dagegen, worin er den Anspruch der Infallibilität als für historisch nicht herleitbar und für logisch nicht gerechtfertigt darstellte. Diese Stellungnahme erleichterte seine Position an der Universität nicht gerade, da es schließlich doch zum Dogma der lnfallibilität kam. In Konsequenz ließ er 1873 sein Priesteramt ruhen und stellte ein Gesuch auf Entlassung aus der Professur das zusammen mit einer Laudatio seiner hervorragenden Leistungen schließlich genehmigt wurde die Enthebung von seiner Professur. Er reiste während seiner Würzburger Lehrtätigkeit auch zum Gedankenaustausch mit Vertretern des englischen Empirismus nach England, ein Treffen mit John Stuart Mill kam leider nicht mehr zustande, da dieser kurz zuvor in Avignon verstorben war. Im Januar 1874 wurde Brentano nach Wien berufen: Im Majestätsvortrag von Kultusminister Karl von Stremayr vom 30.12.1873 (Akten des Ministeriums für Kultur und Unterricht 547/1874, Allg. Verw. Archiv Wien) werden Brentanos "Fähigkeit zu eigener scharfsinniger und fruchtbarer Forschung" und der "notorische (...) bedeutende Erfolg (...) der Vorlesungen dieses glänzenden Docenten, seit langer Zeit die besuchtesten in Würzburg", gerühmt. Er lehrte dort bis 1880 als Professor für Philosophie. In dieser Zeit unternahm er auch Reisen nach Italien, auf denen er sich mit Kollegen und deren Schüler traf. Schüler in Wien wurden u.a. Edmund Husserl, Christian von Ehrenfels, Alexius Meinong, Thomas Masaryk, Sigmund Freud und Rudolf Steiner. Anno 1879 zog Brentano die letzte Konsequenz aus seiner Gegnerschaft zur Amtskirche: Er trat aus der Kirche aus. Da er zudem heiraten wollte, geriet er in ein Dilemma: Es gab in Österreich ein Gesetz, den § 63 des österreich. allgem. bürgerl. Gesetzbuches, der bestimmt: "Geistliche, welche schon höhere Weihen empfangen, wie auch Ordenspersonen von beiden Geschlechtern, welche feierliche Gelübde der Ehelosigkeit abgelegt haben, können keine giltigen Eheverträge schliessen", während sie ein öffentliches Amt bekleideten. Brentano versuchte, diesen Paragraphen zu umgehen, indem er nach Leipzig zog, sächsischer Staatsbürger wurde und dort 1880 Ida von Lieben heiratete. Zurückgekehrt, mußte er dennoch sein Professorenamt in Wien niederlegen. So wirkte er von 1880 bis 1895 als Privatdozent. Die versuchte Wiedereinsetzung als Professor scheiterte wiederholt an Brentanos eben skizzierter eigener Historie. Und er hatte keine Möglichkeit, Studenten zu promovieren oder direkten Einfluß anderer Art, etwa bei Besetzungen, auszuüben." 1888 wurde sein Sohn, Johannes Christian Michael, geboren. Zu allem Unglück verlor er seine Frau; sie verstarb 1894. Im Jahre 1895 schließlich veröffentlichte er Meine letzten Wünsche für Österreich als Vermächtnis, verließ Wien und ließ sich 1896 in Florenz als Privatgelehrter nieder. In späteren Jahren erblindete er zunehmend, so daß er auf Informationen aus zweiter Hand und auf die Hilfe seiner zweiten Frau Emilie, geb. Rueprecht, die er bereits 1897 geheiratet hatte, angewiesen war. 1915 zog die Familie, unter Protest gegen die Verwicklungen Italiens im 1. Weltkrieg, nach Zürich. Dort ist Franz Brentano am 17.03.1917 gestorben. Diese kurzen Hinweise mögen deutlich machen, daß Zeit und Lebensumstände einer weiten Verbreitung der Lehren Brentanos entgegenstanden. Zwar hatte er stets eine große Hörerzahl; mit Veröffentlichungen hielt er sich jedoch zurück, im Ringen um streng wissenschaftliche, letztgültige Aussagen. (Es erschienen, neben der Psychologie vom empirischen Standpunkte und einigen Spezialuntersuchungen noch Vom Ursprung sittlicher Erkenntnis 1889, Untersuchungen zur Sinnespsychologie 1907. Die Klassifikation der psychischen Phänomene 1911, sowie Aristoteles' Lehre vom Ursprung des menschlichen Geistes 1911.). Seine Gedanken wurden von Schülern nicht immer unter Nennung des Urhebers aufgegriffen und weitergeführt. |